Der Treppenwitz der Vitesse-Geschichte
Vitesse gewinnt das Derby gegen Bretzenheim 12

 

agr. – Wenn es an einem bei Vitesse Mayence nicht mangelt, dann an kuriosen Spielabsagen – selbstverständlich möglichst zeitnah vor dem Anpfiff vorgetragen.

 

Der Klassiker (Häufigkeit: zirka 16-mal):
„Dara, Hallo. Ich stehe mit der Else mitten im Siebengebirge. Die Scheibenwischer kriege ich nicht mehr aus, aber den Motor nicht mehr an. Wann ist Anstoß? In 15 Minuten? Okay, ich glaube, ich schaffe das nicht mehr rechtzeitig. Die 10 will ich trotzdem. Im Auto hinten komatiert der Graßhoff. Der packt es dann wohl auch nicht. Ciao, Dara.“

 

Der Graßhoff (Häufigkeit: zirka fünfmal; besonders beliebt vor Else-Touren):
„Wo bin ich? Kein Ahnung, aber nicht daheim. Wer legt da seinen Arm um mich? Ist das Marco? Tag? Sonntag! Da war was. Fußball! Uhrzeit? 13:30. Treffpunkt? 14:00. Ich fahr mal los.“ Kurz vor Erreichen der Sportanlage wird Graßhoff sich entscheiden, umzukehren, nach Hause zu fahren und sich wieder ins Bett zu legen. „Es ist für alle das Beste. Ich muss mich erst mal auf drei Promille runterschlafen“

 

Die halbe Absage (Häufigkeit: zirka dreimal):
Gegen 5:20 erreicht Abteilungsleiter Graßhoff und Coach Moisiadis eine Mail von Kapitän Pascal L.
„hej ihr beiden. Also, ich geh geradfe erst schlafen und hab der frau an meiner seite gesagt sie muss mich morgen, also gleich raus schmeißen. ich hoffe sie macht das. dann bin ich da. falls nicht, dann richtig scheiße, aber ich versuche das hinzubekommen. Will nicht Raffa und meinem alten Ich Konkurenz machen.“

 

Der Friedrich (Häufigkeit: bisher einmalig)
Jörg Friedrich erscheint pünktlich zum Treffpunkt. Verzottelt, zerknautscht, kreidebleich, Alkoholfahne bis nach Bagdad. Er lallt irgendwas von einem schweren Sturz beim Nachhausekommen. Er sei die Treppe heruntergefallen und habe seitdem Schmerzen beim Auftreten. Spielen könne er definitiv nicht.

 

Friedrichs Absage so kurz vor dem Derby gegen Bretzenheim 12 versetzte das Team in Angst und Schrecken. Spielt am Ende wieder Marijo Vrgoc in der Innenverteidigung? Oder streift sich Kosta selbst ein Trikot über? Schlimmstes war zu befürchten. Doch Coach Moisiadis ließ sich durch diese kleine Veränderung nicht aus der Ruhe bringen. Für Friedrich sollte Dogan Özdemir mit Theißen in der Abwehr spielen. Beide machten ein großartiges Spiel – und Özdemir durfte sogar – mit viel Wohlwollen des Schiris – erstmals seit seinem Wechsel zu Vitesse im Jahr 1837 über 90 Minuten spielen.

 

Neben der starken Leistung des gesamten Teams war es an diesem Tag die stoische Ruhe Moisiadis‘, die den Sieg ermöglichte. Denn schon vor dem Auftritt Friedrichs hätte sich ein andere Trainer eventuell darüber aufgeregt, dass sein Start-Stürmer Ivo Vrgoc bei seiner Ankunft ohne Absprache mit ihm von Fluhr und Klaes bereits 60 Minuten in der Zweiten Mannschaft eingesetzt worden war. Zur Strafe ließ der Coach Vrgoc erst recht von Anfang an auflaufen. Da konnte dieser gar nicht anders als zwei Tore zu schießen – alles andere hätte ihm und den Zweitmannschafts-Trainern Ärger eingehandelt.

 

Vrgocs Bruder Marijo spielte zusammen mit Ufelmann eine unerwartet lauffreudige und kampfstarke Doppel-Sechs. Auf den Außen machten Hausmann und Keim Wirbel. Dehm war der gewohnt ballsichere Antreiber im Mittelfeld, der von den motivierten Gegenspielern hart einstecken musste. Dries und Graßhoff gaben solide Außenverteidiger. Und Keeper Vos: in Anbetracht der Tatsache, dass man ihn zwei Jahre nicht im Training gesehen hat – Note 1+.

 

Vitesse steckt trotz des Sieges mitten im Abstiegskampf. Darin sind die 12er nach der Niederlage noch tiefer verwickelt, ein Punkt trennt sie von Vitesse. Nach der Vorbereitung bleibt die Frage, wo das Team diese Leistung hernahm – und zu hoffen, dass es eine solche in den kommenden Wochen weiterhin abrufen kann.

 


Bretzenheim 1912 – Vitesse Mayence 3:4 (1:2)

 

Aufstellung:
Vos – Graßhoff, Özdemir, Theißen, Dries – Keim (54. Sammi), Ufelmann, M. Vrgoc, Hausmann – Dehm – I.Vrgoc (75. Poschmann)

 

Torschützen:
1:0 Kup (17.), 1:1 I.Vrogc (19.), 1:2 I.Vrgoc (31.), 1:3 Dehm (47.), 2:3 Hoener (51.), 2:4 Ufelmann (67., dir. Freistoß), 3:4 Stritter (90.+1)

 

Gelbe Karten: Özdemir, Dehm.

 

Beste Spieler: Özdemir, Theißen, M. Vrgoc, I. Vrgoc, Ufelmann.