Vitesse‘ Offensive vergeigt das letzte Spiel des Jahres.

Trotz drückender Überlegenheit 2:4 gegen 1817 II.

awo. – Wie sich Spielverläufe doch gleichen können. Wie in der Hinrundenpartie war die 1b von Vitesse über weite Strecken die klar bessere Mannschaft – stand am Ende aber erneut mit leeren Händen, zu wenig geschossenen, dafür aber mit zu viel kassierten Toren da.

 

Überhaupt, immer diese Tore. Es ist ja leider nichts neues, dass die Vitesse-Viererkette patzt, Abstimmungsprobleme offenbart und den Gegner zu zahlreichen Chancen einlädt. Dieses Mal patzte zusätzlich auch der Torwart entscheidend. Die ersten drei Gegentore fielen unter die Kategorie „haltbar“ (die ersten zwei Gegentore fairerweise zumindest nur in die Unterkategorie „wegen der blendenden Sonne“).

 

Doch entscheidend für die Niederlage war trotz der genannten Patzer in der Defensive unterm Strich schlicht das Versagen von Vitesse in der Offensive, im Torabschluss. „Ihr hättet eigentlich bereits zur Halbzeit haushoch führen müssen“, konnte selbst Gästespieler Kapa das ungläubige Diskutieren der unterlegenen Vitesser nach Abpfiff nachvollziehen.

 

Hassanzadehs Weltrekord
Sämtliche Vitesser, die aufs Tor schossen (das waren bis auf ein, zwei Abwehrspieler alle) und den Gästekeeper über sich hinauswachsen ließen, schienen sich einen skurillen internen Wettkampf zu liefern. Den, sich im Auslassen bester Torgelegenheiten zu überbieten.


Fleißig Punkte im internen Duell sammelten vor allem Flügelflitzer Held (schoss mindestens dreimal den Torwart an) und nach der Pause Hassanzadeh (vergebener Elfmeter plus Nachschuss). Letzter stellte beim ersten Tor von Vitesse nebenbei (wahrscheinlich) einen Weltrekord auf: Noch nie dürfte ein (als Pass getarnter) Schuss eines Fußballers mit einer geringeren Gechwindigkeit einen nur 30-cm daneben stehenden Torhüter passiert und anschließend die Torlininie überrollt haben.

 

Die 1817er hätten wahrscheinlich auch eine unbewegliche Mülltonne zwischen die Torpfosten stellen können. Oder den Torwart von TeBe Berlin aus der Bundesligasaison 1974/75. Oder Oliver Reck.  Oder einen Engländer. Selbst dann hätten die Spieler von Vitesse wohl nicht öfter ins Tor getroffen als an diesem gottverdammten sonnig-schönen Wintersonntag.

 

Spielzusammenfassung (VIDEO): http://www.youtube.com/watch?v=ZSAXP86C5uo

Die Darbietungen der Vitesser vor dem gegnerischen Tor – die umständlich gespielten Angriffsbemühungen,  die stets unkonzentrierten, teils in Zeitlupe, oft dilletantisch vorgetragenen Abschlüsse  – muteten in ihrem Ausmaße und ihrer Regelmäßigkeit fast schon grotesk an.

 

Vitesser Knichel zählte in der Videospielanalyse „zehn hundertprozentige Torchancen, bei denen ein Spieler frei vor dem gegnerischen Torwart stand und ihn anschießt.“ Vitesse-Präsident Jung trauerte „Chancen für drei Spiele“ nach. Der von einer Verletzung genesene Comebacker Özdemir berichtete bereits zur Pause selbstkritisch von „sechs, sieben Dingern“, die er „einfach machen musste. Und das kannste auch ruhig in den Spielbericht schreiben“. Gerne Dogan.

 

Die Krone setzte dem Spielverlauf die Tatsache auf, dass Vitesse in Überzahl ab der 60. Minute noch zwei Gegentore kassierte.

 

Der Türke mit dem Bart
Zumindest für einen Vitesser lohnte sich das Spiel dann aber doch noch: Chancentod Özdemir. Nicht nur, dass der für sein Temperament bezirksweit bekannte Türke endlich  „nicht einmal nah dran war, einen Platzverweis zu kassieren“, wie Hassanzadeh ausdrücklich lobte und hervorhob. Der 24 Jahre junge Alt-Vitesser Özdemir entging durch seinen selbst verwandelten Strafstoß zum 2:4 auch einem selbstauferlegten Wetteinsatz, der die Funktionsfähigkeit seines seit Monaten lädierten Kreuzes eh nur auf eine weitere, unnötige Bewährungsprobe gestellt hätte.

 

Nachdem Özdemir – neuerdings Träger eines gepflegten Vier-Tage-Bartes – bereits in der ersten Halbzeit trotz über einem halben Dutzend an Schüssen torlos blieb, kündigte er vor dem Seitenwechsel – wohl etwas unüberlegt, aber umso sieges- und (zumindest in Gedanken) treffsicher – an, dass er dem Team zwei Kästen Bier spendieren wolle, falls er in der zweiten Hälfte ähnlich vor dem Tor versagen und torlos bleiben würde. „Und auch das kannst Du ruhig in den Spielbericht schreiben“ – sagte er in der Pause und schritt selbstbewusst in den Anstoßkreis zum Wiederanpfiff.

 

Trotz einer bis zur 90. Minute mittlerweile zweistelligen Zahl an erfolgslosen Schüssen schnappte sich Özdemir in der vierten Minute der Nachspielzeit weiterhin erfrischend selbstbewusst den Ball, um zum Strafstoß anzutreten. Er trat an, traf und ließ so neben durstigen Mitspielern auch einen durstigen Berichterstatter zurück. Den beschäftigte daher anschließend nur noch eine Frage: „Wann rasiert sich der dicke Türke endlich wieder seinen Bart?!“

 

SV Vitesse Mayence II – MTV 1817 II 2:4 (1:2)

Vitesse: Ajiginni (85. Vos) – Petruschin, Wolf [C], Krein, Klaes (39. Lotz) – Fluhr, Knichel – Held, Hassanzadeh, Vos (65. Klaes) – Özdemir.

 

Tore: 0:1 (3.), 0:2 (7.), 1:2 Hassanzadeh (8.), 1:3 (65.), 1:4 (76.), 2:4 Özdemir (90.+4)

 

Gelbe Karten: Özdemir, Klaes

 

Rote Karte: 1817 (60. Handspiel auf der Torlinie)

 

Bes. Vork.: Hassanzadeh verschießt Handelfmeter (61.)

 

Beste Spieler: Petruschin, Özdemir, Knichel, Hassanzadeh, Wolf