Tiki-Taka am Ebersheimer Sandstrand.

Vitesse schläfert neun Gegenspieler ein und gewinnt 2:0.

awo. – Mit Zahlen ist es wie mit Statistiken: Man muss sie richtig interpretieren können, für sich alleine stehen sie ziemlich aussagelos. Ähnlich verhält es sich recht oft mit Spielen der 2. Mannschaft von Vitesse Mayence:  Auch dort muss man das Schöne  manchmal erst suchen, bis man es findet.

 

Vergangene Woche schien Vitesse das Schöne im Spiel endlich gefunden und verinnerlicht zu haben. Von „Tiki-Taka“ war da intern – in Person des Erstmannschaftskapitäns Dehm – sogar die Rede. Und so animierte Dehm seine Mitspieler aus der Ersten dazu,  dem nächsten sich abzeichnenden „Tiki-Taka“ der 1b in Ebersheim als Unterstützung am Spielfeldrand beizuwohnen.

 

Zuschauer flüchten

Doch an diesem Tag war Vitesse von „Tiki-Taka“ in etwa so weit entfernt, wie die nächstgelegene „McDonalds“-Filiale vom Ebersheimer Sportplatz für Buletten-Verweigerer Özdemir: kilometerweit. Während der Mett-scheue Türke irgendwann während des Spiels mit einer gesunden Portion frittierter Hühnchen-Klumpen vom Restaurant „Zur goldenen Schwalbe“ aus Hechtsheim zurückkehrte, fristeten die verbliebenen tapferen Zuschauer ein bemitleidenswertes Dasein am Spielfeldrand.

 

Denn was sie zu sehen bekamen, lässt sich wohlwollend vielleicht am besten so beschreiben:  tik… tak…. tik…. tak….  Statt flottem Meenzer Tiki-Taka in Rheinkultur bot Vitesse Einschlaffußball ohne Dynamik. Spätestens 40 Meter vor dem Tor (was auf dem Kunstrasenplatz von Vitesse an der Ulrichstraße noch der eigenen Häfte entspricht) versandte das Spiel der Gäste in folgende Attribute: unkonzentriert, uninspiriert, umständlich, ungefährlich und vor allem eins – lahmarschig.

 

[Symbolfoto Mett] (*Foto aus urheberrechtlichen Gründen entfernt)
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70% Ballbeseitz, null Ideen – Spielfluss versandet

Vielleicht lag es daran, dass Vorwochen-Debütant und Laufmaschine Fellenberger fehlte – weil er sich für den bevorstehenden Mainz-Marathon (zwei Wochen später) schonen wollte und daher pflichtbewusst für das Fußballspiel abmeldete.

 

Fakt war jedenfalls: Es bewegte sich gegen Ebersheim meist nur der Ballführende. Und der Ballführende entschied sich – selbst wenn er alle Zeit und Raum hatte – in aller Regel immer für die schlechteste Entscheidung: Standen drei Mitspieler frei, kam der Pass garantiert zum vierten im Abseits. Oder zum Gegner. Oder ins Seitenaus. Manchmal auch ins Toraus.

 

Vitesse-Stürmer Willberger fand auf der Suche nach Erklärungen für das behäbige Spiel nur die Frage, warum sich Vitesse „immer dem Niveau der Gegner“ anpasse. Gegen einen konkurrenzfähigen Gegner hätte man, so Willberger, „bestimmt anders und besser gespielt.“ Falls das so ist, darf man sich bereits jetzt auf ein Spektakel am letzten Spieltag freuen, wenn Vitesse den ungeschlagenen Tabellenführer Sörgenloch/Udenheim (ca. 190:10 Tore) empfängt.

 

Willbergers Tor- und Kartenserie gerissen

Aber zurück nach Ebersheim: Dort paarte sich das spielerische Elend von Vitesse bereitwillig mit einem konsequent inkonsequenten Zug zum Tor und dem vitesse-chronischen Unvermögen im Torabschluss. Und somit u.a. auch wieder zurück zu Willberger.

 

Vor allem er gab sich größte Mühe, seine persönliche Serie – traf bisher in jedem Rückrundenspiel das Tor – zu beenden. Mal köpfte er frei vorbei, mal schoss er den am Boden liegenden Torwart an oder dessen vors Gesicht gehaltene Fäuste. Kurz: Es war nicht wirklich der Tag des besten 1b-Torschützen. Immerhin sah er mal keine gelbe Karte wegen Meckern. „Ich habe den Schiri sogar einmal ehrlich darauf hingewiesen, dass ich den Gegner behindert habe“, gab er stolz und energisch zu Protokoll.

 

[Symbolfoto Sandwüste]

 

Lauf Forrest, lauf!

Der ein oder andere Vitesser dachte vermutlich: Wenn man schon einmal auf einem so großen Platz spielt, muss man den Raum ja auch nutzen. Der Mensch ist ja schließlich auch nur ein Tier und braucht Auslauf.

 

Und daher spielt man seinem Mitspieler auf dem Ebersheimer Beachvolleyballkunstrasen die Bälle grundsätzlich am besten lang und nicht in den Fuß zu. Wenn möglich zusätzlich halbhoch, damit der schlecht angespielte Kollege zusätzlich viele Probleme hat, den Ball zu verarbeiten und wenn möglich in Bedrängnis einen gegnerischen Konter einleitet.

 

Im Idealfall aber schlägt man den Ball – vorrausschauender Spielaufbau und Antizipation wird gemeinhein eh überbewertet –  so oft es geht einfach longline nach vorne – in der Hoffnung, dass sich der Mitspieler auf den Außen in unnötigen Laufduellen schon durchsetzen wird und dann aus unmöglichem Winkel eine maßgeschneiderte Weltklasse-Flanke an den eigenen mitgelaufenen Mann in den gegnerischen Strafraum bringt… in genau den Rückraum,  in den an diesem Tag aber meist gar kein Vitesser rechtzeitig mit aufgerückt war.

 

Unwesentliche Randnotiz: nur neun Gegenspieler

Was das Spielgeschen entscheidend beeinflusste, war die Tatsache, dass der personell gebeutelte Gegner nur zu zehnt antrat. Und relativ früh bereits nur noch zu neunt war!  „Hätte der zehnte Ebersheimer nicht irgendwann auch noch den Platz verlassen, wäre es für uns eng geworden“, bemerkte Tor-Debütant Zimmermann süffisant. Zwar leicht übertrieben,  denn gefährlich war Ebersheim bis auf 2-3 Konter – was eigentlich bereits deutlich zu viel ist – nicht wirklich.

 

Aber ein Fünkchen Wahrheit sprach Zimmermann zweifelsohne an. Gegen einen konkurrenzfähigen Gegner hätte Vitesse an diesem Tage große Probleme bekommen.

 

sonniges, lauschiges Plätzchen am Ebersheimer Sandstrand (nicht im Bild rechts) (Foto: doe)

sonniges, lauschiges Plätzchen am Ebersheimer Sandstrand (Foto: doe)

 

Sonnige Wohlfühlatmosphäre bei den Siegern

So aber sonnten sich die Sieger nach Abpfiff  lieber im gleißenden Lichte des Sieges – und unter der Nachmittagsonne am Ebersheimer Sandstrand. Immerhin hatte Vitesse ja gewonnen, zum dritten mal in Folge, das ganze ohne Gegentor und sich zudem für die 3:8-Schmach aus der Hinrunde revanchiert.

 

Erfreulicherweise waren einige Vitesser nach dem Spiel immerhin erfrischend selbstkritisch – so wie Arnold („Man, was hab ich für eine Scheiße gespielt.“ Stimmt.) oder Kuhn („Boah, ich war echt bockschlecht“. relativierende Ergänzung d. Red.: eher die Benjamin Köhler-Gedächtnis-Eckstöße auf Grasnarbenhöhe).

 

Es bleibt bei nur 76 Gegentoren in 25 Spielen

Groß war die Freude über den Sieg vor allem bei Torwart Knoll, weil er endlich mal wieder „zu null“ gespielt hatte. Von den o.g. Begleiterscheinungen, die den Sieg überhaupt erst möglich machten, ließ sich der Keeper die gute Laune daher nicht verderben.

 

„Was machst Du denn für eine böse Miene?“, fragte Knoll nach dem bösem Spiel mit freudenstrahlendem Grinsegesicht den Kapitänsbinde-losen Kapitän Wolf, als der – sichtlich genervt von zuvor 90 fußballtechnisch recht niveauarmen Minuten – gen Kabine trottete.

 

Bevor Gesangstalent Vrgoc dort, in der Kabine, seiner Spielkritik mit der Interpretation des Chansons „So seh’n Sieger aus“ implizit einen tief-ironischen Ausdruck verlieh, kündigte Spielertrainer Fluhr seinen Mannen an, im nächsten Training das Wort „Taktik“ ganz groß zu schreiben. Den zusätzlichen Vorschlag Vrgocs „und Torschüsse“ wird der Coach sicher zur Kenntnis genommen haben. Seine Offensivspieler hoffentlich auch.

 

 

TSV Ebersheim II – SV Vitesse Mayence II 0:2 (0:1)

 

Vitesse: Knoll – Lenz, Fluhr (46. Krein), Wolf (C), Kuhn (80. Willberger) – Emsermann, Vrgoc – Zimmermann, Arnold (26. Klaes (70. Arnold)) – Willberger (66. Aijginni), Held

 

Tore: 0:1 Zimmermann (24., über die Linie gedrückt nach Flanke von Arnold), 0:2 Vrgoc (69., Einzelaktion nach Doppelpass mit Held)

 

Gelbe Karten: Zimmermann (3), Vrgoc (5)

 

Beste Spieler: Lenz (2), Vrgoc (3), Debütant Emsermann, Wolf (5)