Gott kennt kein Erbarmen: Hiebe statt Liebe.

Vitesse spielt nur 1:1 bei Liganeuling Livingroom.

 

awo. – Wenn es tatsächlich einen (Fußball-)Gott gibt, ist er kein Freund der 2. Mannschaft von Vitesse Mayence.

 

Zur höchst unchristlichen Anstoßzeit von 10.30 Uhr an einem Sonntagmorgen musste die 1b zum Auswärtspiel im Mainzer Randbezirk Laubenheim antreten. Bereits schlimm genug, dass deshalb für einige gläubige Vitesser der allsonntägliche, Kraft und Energie spendende Frühgottesdienst ausfiel. Wer die Spielvorbereitungsriten der übrigen – traditionell weniger für asketische Lebensrhythmen bekannten – Vitessespieler kennt, kann sich ausmalen wie es gewöhnlich um die Fitness des Großteils der Mannschaft an einem Sonntag bestellt ist. Ganz zu schweigen bei einem Treffpunkt um 9:30 Uhr. Manch einer ward da noch in der „Dorett“ gesehn…

 

Dennoch kam Vitesse gegen das erst 2012 ins Leben gerufene Sportprojekt der frei-christlichen Mainzer Jugendkirche „livingroom“ erstaunlich gut in die Partie. Die ersten Viertelstunde gehörte den erfahrenen Kreisliga-Veteranen um Krein, Hassanzadeh & Co. Danach riss bei Vitesse allerdings der Faden. Mayence kam mit dem engagierten, zweikampfstarken Auftreten der christlichen Emporkömmlinge überhaupt nicht zurecht. Oder um es mit Worten aus der Halbzeitansprache von Trainer Fluhr „noch wohlwollend zu formulieren: Das hatte mit Fußball nichts zu tun.“ Über einen drei-Tore-Rückstand zur Pause hätte sich Vitesse nicht beklagen dürfen.

 

Flucht aus dem Exil und Blitzcomeback: Jannek Mühlhan

Deutlich besser sah das Spiel der Vitesse nach dem Seitenwechsel aus. Fluhrs Stoßgebete gen veregneten Laubenheimer Himmel wurden erhört. Plötzlich war Ordnung und Passsicherheit im Spielaufbau und die Gäste die klar dominante Mannschaft. Livingroom kam im eigenen Wohnzimmer nur noch zu sporadischen Entlastungsangriffen.

 

Aus Vitesse-Sicht blieb es aber leider bei nur einem Treffer durch Hassanzadeh. Mustergültig, da mit der nötigen Ruhe und Übersicht vorbereitet, hatte den Ausgleich (bei seinem Blitzcomeback und vermutlich gleichzeitig letzten Spiel für die 1b) der Neu- aber noch wohnungslose Nürnberger Jannek Mühlhan („In Mainz komme ich am Wochenende einfach billiger weg“).

 

„Der FC Livingroom träumt davon, Menschen Gottes Liebe erfahrbar zu machen…

Dabei wollen wir ein Licht sein, indem wir Werte wie Nächstenliebe […] und Fairness vorleben.“

(aus: „Die Vision des FCL“, Selbstportrait. Abrufbar unter: http://fcl.livingroom.info/ueber-uns)

 

Als Vitesse in Hälfte zwei pausenlos auf das gegnerische Tor anrannte, ein halbes Dutzend Chancen und damit auch den Sieg liegen ließ, verstrich für die Gastgeber mit jeder Minute und Sekunde nicht nur kostbare Zeit. Es bestätigte sich auch, dass beim Liganeuling gut die Hälfte der Mannschaft bis zu dieser Saison noch nie gegen einen Ball getreten hatte.

 

Vitesse am Boden im 30-Sekunden-Takt

Vor allem nach der Pause schenkten die Gastgeber ihren Nächsten (Gegnern) mehr Hiebe statt Liebe – oft ziemlich plump und unbeholfen, meist offensichtlich plump und unbeholfen. Es waren keine bösen Fouls. Es war kein unfaires Spiel. Aber es reichte, dass Vitesse zumindest an diesem heiligen Sonntag vom Glauben an das Schöne im Fußballspiel abfiel.

 

Noch den Spielfilm voller fußballerischer Gräueltaten aus der ersten Halbzeit vor Augen, attestierte Fluhr seiner Mannschaft nach dem Abpfiff eine starke Leistung in der zweiten Halbzeit: „Da stand nicht nur eine andere Mannschaft auf dem Platz. Das waren zwei bis drei Mannschaften“, lobte der verletzte Spielertrainer seine nicht mehr ganz so müden, aber dennoch enttäuscht dreinblickenden Spieler. Die hatten dazu allen Grund, waren es doch über 90 Minuten gesehen zwei verlorene,  statt ein gewonnener Zähler. Die Freude über den ersten Auswärtspunkt im sechsten Spiel hielt sich bei Vitesse daher in Grenzen.

 

 

FC Livingroom Mainz II – SV Vitesse Mayence II 1:1  (0:0)

Aufstellung: Knoll – Lotz, Wolf, Krein, De Leon (50. Klaes) – Diehl, Köhler – Willberger, Özdemir, Mühlhan – Hassanzadeh.

 

Tore: 1:0 (48.), 1:1 Hassanzadeh (80., Rechtsschuss aus 15m nach Querpass von Mülhahn).

 

Gelbe Karten: –

 

Bester Spieler: Klaes

 

Fotos vom Spiel (Fupa)