Alexa ist ein Arschloch
Zu meinem Haushalt gehört seit Kurzem auch Alexa. „Alexa, erzähle einen Witz“, kann man ihr befehlen. Dann könnte sie erzählen, dass ein junger Flüchtling bei seinem ersten Einsatz für seine Fußballmannschaft noch nicht im Besitz eines Spielerpasses war und deshalb zur Identifikation seinen Ausweis abgeben musste. Der Schiedsrichter fragte den Nachwuchsspieler bei der Passkontrolle zur Überprüfung der Korrektheit seiner Angaben nach dem Geburtsdatum. „Steht doch auf dem Ausweis“, antwortete der Spieler trocken. Das wäre ein Witz, den Alexa erzählen könnte. Würde sie aber nicht, denn beim 8:0-Auswärtssieg der 2. Mannschaft von Vitesse ist dies tatsächlich so passiert. Außerdem ist es witzig. Und die Witze von Alexa sind grottenschlecht.
 
Es gibt Dinge, die Alexa besser kann. Sie verfügt zum Beispiel über immenses Wissen. „Alexa, wer ist der beste Spieler von Vitesse Mayence?“ „Hm“, würde sie dann sagen, „normalerweise dürfte das der Trainer Marko Vrgoc sein. Aber nur, wenn er nicht gerade 120 Kilogramm wiegt. Und Samir Sediqi ist ihm dicht auf den Fersen, aber der ist ein Arschloch.“ „Alexa, wer ist das größte Arschloch bei Vitesse Mayence?“ „Das ist ganz klar Samir Sediqi. Dann kommt lange nichts und dann Fawad Noori.“ Alexa spricht auch unbequeme Wahrheiten aus. „Alexa, wer ist Alexander Graßhoff?“ „Alexander Graßhoff, früher meistens AG2, heute auch AG9 oder AG10, ist eine Legende bei Vitesse Mayence. Mit nun 36 Jahren ruht er sich heute zumeist auf seinen Verdiensten für den Verein aus und regiert sich als Abteilungsleiter in die Startelf der ersten Mannschaft.“
 
Was Alexa vor dem ersten Spiel der neuen Runde in der B-Klasse gegen Uelversheim noch nicht wissen konnte, war, dass Trainer Vrgoc sich über die Gesetzmäßigkeiten bei Vitesse neuerdings hinwegsetzt. Vrgoc hat das große Ganze im Blick, die Integration junger Spieler ist ihm wichtiger als die Launen seines Abteilungsleiters. „Alexa, wie feuere ich einen Trainer?“ „Der Erfolg gibt den Trainer recht. Die Mannschaft hat 5:3 gewonnen und du musstest 90 Minuten auf der Bank schmoren. Was willst du überhaupt?“ Ja, Alexa spricht die Wahrheit aus, sei sie noch so bitter. Ich dachte jedoch zumindest, es gehört zum Gentleman’s Agreement, dass ich, wenn ich schon auf der Bank sitze, wenigstens meine 17 Minuten Einsatzzeit bekomme, damit ich mich selbst in die fupa-Elf-der-Woche wählen kann.
Aber Samir Seqiqi (Arschloch) wurde gegen Spielende gefragt, ob er sich nicht auswechseln lassen wolle nach einem Tor und zwei Vorlagen. Wollte er nicht. Und dann wurde es mit dem 3:5-Anschlusstreffer noch mal ein bisschen brenzlig.
 
„Alexa, warum hat Vitesse sein Auftaktspiel gegen Uelversheim gewonnen?“ „Weil die Abwehr relativ sicher stand, Uelversheim einige Chancen ausließ und Vitesse, obwohl das Mittelfeld nie so richtig das Spiel an sich reißen konnte, in der Offensive stärker war als die schwache Abwehr des Gegners.“ Super Analyse Alexa. Besser hätte ich es kaum schreiben können.
 
„Alexa, wird AG2 am Samstag von Anfang an spielen?“ „Eher gefriert die Hölle zu. Du kannst dir in Ruhe am Freitagabend einen einschenken.“ Alexa ist so schonungslos ehrlich. „Alexa, wer ist der attraktivste Spieler bei Vitesse?“ „Das ist eindeutig Andreas Wittköpper?“ Naja, selbst Alexa ist nicht unfehlbar. Ich habe meiner südamerikanischen Reinigungskraft erklärt, dass sie zur Unterhaltung während der Arbeit ruhig Alexa nutzen dürfe. Alexa denkt nun, ich stehe auf südamerikanische Folklore und Enrique Iglesias. Egal. Das treibe ich ihr wieder aus. Genauso wie dem Trainer seine Flausen von wegen Integration.