awo. – Es sind vor allem Geschichten, die das Salz in der Spielberichts-Suppe ausmachen – und die auch bei Vitesse nachhaltig Geschichte geschrieben haben. Und daher ist der Schreiberling wöchentlich und mit jedem Bericht vor allem auf der Suche nach Geschichten. Geschichten, die langweilige, abstrakte Zahlen und Statistiken aus bürokratischen, vorgefertigten Spielberichtsbögen in ein lesbares, unterhaltendes Kleid hüllen, dabei möglichst mit personalisierten Schicksalen angereichert, um sie emotional zugänglich zu machen.
Im Idealfall sind es Geschichten, die selbst Lesefaule zum Weiterlesen animieren – vor allem aber sind sie geschrieben für die kleine aber treue Leserschaft von vitesse-mayence.de, sowie für nachfolgende Enkel- und Urenkel-Generationen heutiger Vitesse-Spieler; damit jene Enkel und Urenkel neben den mündlich überlieferten Heldenerzählungen der eigenen Väter und Urväter auch aus seriöser Quelle erfahren, wie es um die fußballerischen Glanzleistungen der Altstars in jungen Jahren wirklich bestellt war – und welch grandiose Kicker die alten Herren in ihrer aktiven Laufbahn und Studentenzeit (nicht) waren.
Manchmal muss man nach Geschichten gar nicht lange suchen. Manchmal schreiben sie sich im Grunde ganz von alleine. So zum Beispiel auch der Spielbericht zur Partie der 2. Mannschaft von Vitesse bei der 2. Mannschaft vom FSV Oppenheim.
Erfolgsgarant Vrgoc
Marijo Vrgoc (für Deutsche, die Vokale benötigen: sprich „Virrgotsch“) verpasste in der Hinrunde als Kapitän der ersten Mannschaft quasi keine Spielminute. Zur Rückrunde wechselte der erfahrene Kroate freiwillig in die 2. Mannschaft (die Gründe bleiben intern).
Seitdem der 36-Jährige als zweikampfstarker Ballverteiler und Ruhepol auf der „6“ das Spiel der Vitesse-Reserve lenkt, erlebt nicht nur die gelbe Karte wegen Meckerns eine Renaissance in den Spielberichtsbögen der Verbandsschiedsrichter;
Nein, auch der Erfolg ist ins Team der 1b zurückgekehrt: Von acht Spielen in der Rückrunde mit Vrgoc gewann die zweite Mannschaft sechs, nur einmal ging Vitesse als Verlierer vom Platz.
Unglücksgarant Sowada
Auch Michael Sowada ist ein ausgesprochen guter Fußballer. Der Start des Sommer-Neuzugangs bei Vitesse lief allerdings, gelinde gesagt, eher durchwachsen: In seinen ersten vier Spielen holte Sowoada zwar keine Punkte mit Vitesse, sich dafür aber persönlich zwei Platzverweise ab.
Besonders pikant: Der Defensivallrounder erwies sich als zuverlässige Größe in negativer Hinsicht. Es mag Zufall sein, aber Fakt ist: Immer wenn Vitesse diese Saison eine Siegesserie gestartet hatte, war Sowada nicht mit von der Partie. Und immer, wenn der 28-Jährige auf den Platz zurückkehrte, war eine Siegesserie von Vitesse danach gerissen.
… mit Comeback
Am vorletzten Spieltag in Oppenheim stand Sowada nach längerer Auszeit leider endlich wieder einmal für Vitesse auf dem Platz. Während seine Kammeraden im April mal wieder – natürlich ohne ihn – eine Siegesserie starteten, vertrieb sich der PR-Volontär seine trainings- und spielfreie Zeit mit Arbeit, mehr Arbeit und noch mehr Arbeit in einer Bodenheimer Scheune.
Zwischendurch heiratete er auch mal, flog um die Welt und flitterte in der DomRep. „Aja, was man eben so macht“, nickte Vitesse-Stürmer Willberger verständnisvoll, als er von Sowada beim ersten Training (im Mai) 2014 mit „frohes Neues“ begrüßt wurde und dieser dem in Oppenheim fehlenden Stürmer erklärte, warum er längere Zeit von der Spielfläche verschwunden war.
Dialog beim Aufwärmen: V. begrüßt den gerade verspätet eintreffenden, noch nicht Spielkleidung tragenden H..
V.: „Du da draußen, ich hier drin. Warum? Ich war selbst bis sechs feiern!“
H.: „Und ich war bis neun kotzen!“
V.: „Ich bis halb zehn!!“
„Vielleicht ist das ein Zeichen“ (Sowada nach dem Spiel)
Nicht nur die bloße Nominierung Sowadas ließ für das anstehende Spiel der zuletzt viermal siegreichen Vitesser schlechtes erahnen. Auch der Spielplan des SWFV meinte es mit Sowada und dessen Comeback nach ca. sechs Monaten Pause irgendwie nicht gut.
Denn wie es der Zufall (Fügung? Schicksal? Verschwörung? Sepp Blatter?) vorgesehen hatte, gab der frisch vermählte und ca. 3kg fülligere Defensivspezialist nicht nur dort sein Comeback, wo er im August 2013 sein Debüt für die 1b von Vitesse gegeben hatte – auf einem Oppenheimer Kunstrasen (damals übrigens – zum einzigen Mal in der Hinrunde – als Aushilfe für die zweite Mannschaft neben Sowada ebenfalls am Start: Vrgoc. Soviel zur Aneinanderreihung geschichtsträchtiger Ereignisse).
Als zöge Sowada das Pech nahezu an: Zum zweiten Mal in dieser Saison traf Vitesse auch ausgerechnet auf jenen Schiedsrichter, der bereits im August 2013 ziemlich nachhaltig auf ein Spiel von Vitesse einwirkte – indem er u.a. auch Sowada trotz nicht nachweisbarer(!) Mecker-Tiraden innerhalb weniger Sekunden mit Doppel-Gelb vom Platz stellte.
1. Hz: Eigentor, Bogenlampe ins eigene Tor, 13 von 16 Abseitsfallen erfolgreich – mit 1:3 gut bedient.
2. Hz: halbes Dutzend Chancen, bis zum Schluss nach vorne gespielt, in Endphase überlegen.
Dass Vitesse in Oppenheim bereits nach 10 Minuten durch ein Eigentor eines Spielers in Rückstand geriet, der in diesem Zusammenhang hier explizit nicht erwähnt werden möchte (dem kommen wir natürlich implizit nach), passte irgendwie ins Bild.
„Vielleicht ist das ein Zeichen; dafür mit dem Mannschaftssport endlich aufzuhören“, resignierte nach Abpfiff der konsternierte und nach Antworten suchende Mainzer Eigentorschütze, der in seinen „20 Jahren Fußball noch nie so viel Pech erlebt hat“, wie in seinen neun Spielen für Vitesse seit Sommer 2013. Des Gebrandmarkten einziger, logischer Schluss: „Es muss ein Fluch sein.“
Sowada 1 – Vrgoc/Vitesse 0 (war ja klar)
Auch wenn Sowada nachweislich nicht alleine Schuld daran war, dass wieder einmal eine Vitesse-Siegesserie riss, war dennoch Fakt: Wieder einmal zerstörte Sowada eine Siegesserie von Vitesse.
Immerhin: Dieses Mal holte sich der Unglücksgarant (9 Spiele, 7 Niederlagen, 5 Karten, -1 Tore) bei seinem Lieblingsschiedsrichter keinen Platzverweis ab; sondern nur eine gelbe Karte. Der kommunikative Erfolgsgarant Vrgoc (3 der 5 gelben Karten in 8 Spielen wegen Meckerns) übrigens nicht. Und das bei diesem Schiri. Respekt. Bzw. „danke“ an den DJ der „Lomo“-Party Tags zuvor, der mit seiner Playlist indirekt dafür sorgte, dass Vrgocs Körper wahrscheinlich gar nicht fit genug war, um mehr als nötig zu reden.
Vitesse: Knoll – Held, Sowada (80. Alusse), Krein (75. Kuhn), Wolf (C) – Billet, Vrgoc – Arnold, Lotz – Hassanzadeh (80. Poredda), Fellenberger (13. Alusse (35. Fellenberger)
Tore: 1:0 (10./ET), 1:1 Vrgoc (13., FE/Fellenberger), 2:1 (16.), 3:1 (38.), 4:1 (52.), 4:2 Fellenberger (56./Hassanzadeh), 5:2 (65.)
Beste Spieler: Fellenberger, Arnold, Billet, Held.
Toughest Vitesser: Fellenbergers Schulter (ca. 5 mal zu Boden gerammt)
Kiste (Debüt): Poredda
Gelbe Karte: Sowada (Lieblings-Schiedsrichter)