Tristesse Mayence.

Nach nur 3 Spielen bereits Weltuntergangs-Stimmung bei Vitesse.

awo. – Wenn der Stadt- und der Spielplan sagen, es sei Derby an der Bretzenheimer Ulrichstraße, dann muss wohl Derby sein. Auch wenn  richtige Derbystimmung beim Spiel zwischen den Hausherren des Kunstrasenplatzes, den 12ern, und den auf der Anlage geduldeten Besatzern, der Vitesse, nie so recht aufkam.

 

Vielleicht lag es daran, dass kaum ein Spieler von Vitesse auch nur irgendeinen Bezug zu einem Spieler des Gegners oder zum Verein SV 1912 Bretzenheim hat. Oder es lag daran, dass Vitesse das Derby nicht annehmen konnte, weil „bei den 12ern alle regelmäßig trainieren,  den nötigen Willen haben und wegen ihrer Kondition, immer wenn es nötig ist, noch eine Schippe drauf legen können “ – Attribute, die Vitesse-Präsident Jung seinen eigenen Schützlingen kategorisch absprach.

 

Vrgoc#1 fehlt, Vrgoc#2 knipst bei Debüt – doch Vitesse fehlt eine „echte 10“

Jungs vernichtender Rundumschlag ist zwar stark verallgemeinernd, trifft im Kern aber den Punkt. Doch die zweite deutliche Niederlage in Folge hatte weitere elementare Ursachen:

 

die erneut zu vielen Gegentore, das „auffallend mangelnde Spiel ohne Ball“ (Kapa), das  kollektive Chaos nach taktischen Umstellungen, die zu ausgeprägte Kritik- statt Selbstkritikbereitschaft einiger Spieler, die viel zu hohe Fehlpassquote im Spielaufbau, die „völlig falsche Aufstellung“ (Hassanzadeh).

 

„0:10 in der untersten Liga! Sowas geht gar nicht. Das passiert uns nicht noch einmal!“

(Trainer Fluhr zum vorigen Spiel der 1b gegen den MTV 1817)

 

Spielentscheidend war gewiss auch die an Majestätsbeleidigung grenzende Trainer-Maßnahme, Vitesse-Legende Hassanzadeh ohne dessen geliebte Rückennummer 10, sondern nur mit der entwürdigenden „15“ spielen zu lassen – obwohl die Nummer „10“ (auf dem Spielberichtsbogen vorbestimmt für den kurzfristig in die 1a hochgezogenen M. Vrgoc) 90 Minuten lang ungetragen im Trikotkoffer verstaubte. So fehlte Vitesse schlicht ein richtiger Spielmacher, eine „echte 10“ eben.

 

Dass ausgerechnet der bei den 12ern spielende, aber zum Vitesse-Inventar gehörende „Wurzel“ Beyer die Spielmacher-Nummer auf dem Rücken trug, setzte dem ganzen für Hassanzadeh wohl die Krone auf.  „Also jetzt wird’s frech!“, kommentierte der verhinderte „1oer“ den Anblick des 12er-10er.

 

 

Nummer 15, T-Shirt-Größe S, „Wurzel“ mit der „10“ – Hassanzadeh im falschen Film

Doch damit nicht genug der Pein für den gegen die 12er nicht idealerweise auf der „6“ aufgestellten Hassanzadeh. Zu allem Überfluss musste er sich wenige Minuten zuvor – begleitet vom johlenden Gelächter sämtlicher Mitspieler (Sowada: „habe Tränen gelacht“) – in ein… nunja, vielleicht etwas  zu figurbetontes Aufwärm-Shirt zwängen.

 

("Ein Skandal der an die Öffentlichkeit gehört!" (Hassanzadeh); Beweisfoto: Fluhr)

„Ein Skandal der an die Öffentlichkeit gehört!“ (Hassanzadeh) (Beweisfoto: Fluhr)

 

Der bemitleidenswerte Hassanzadeh nahm es mit Humor, sprach sich sogar für die Veröffentlichung des Fotos aus, um auf interne Misstände bei Vitesse aufmerksam zu machen:

 

„Das ist nur ein Beweis von der alltäglich andauernden Unterschlagung in unserem Verein: ‚XL‘-T-Shirts abrechnen und in Wirklichkeit Trikots in Größe ‚S‘ einkaufen!“, echauffierte sich der XXL-Shirt-Träger und fügte pikiert hinzu: „Das ist ein Skandal, der an die Öffentlichkeit gehört!“ Findet vitesse-mayence.de  auch. Bitteschön Dara.

 

 

Hassanzadeh stellt System „Vitesse“ in Frage

Hassanzadehs Versuch, sich bei Fluhr für dessen Knipsen des Fotoauslösers dadurch zu revanchieren, indem er den Trainer (ungünstigerweise auch Fluhr) kurz vor Anpfiff vor versammelter Mannschaft in gewohnt verbaler Hochform und völlig unnötig für Inhalte aus dessen Motivations-Ansprache kritisierte, muss im Nachhinein als gescheitert betrachtet werden.

 

Trainer Fluhr behielt das verbal-autoritäre Hohheitsrecht in der Kabine – und Chefkritiker Hassanzadeh (dadurch wohl erst recht) die Rückennummer 15.

 

Doch Hassanzadeh gab sich nicht geschlagen, holte stattdessen wenig später zum erneuten Rundumschlag, zur ultimativen Systemkritik aus.

 

… und bewirbt sich für die Cheftrainer-Posten bei 1. und 2. Mannschaft.

Nach Abpfiff des Spiels der 1. Mannschaft (die ebenfalls gegen die 12er verlor) kritisierte Hassanzadeh auch Erstmannschaftstrainer Moissiadis für dessen „völlig falsche Aufstellung“. Und überhaupt: „In der 1. Mannschaft“, so fauchte es Hassanzadeh brüskiert dem sichtlich genervten und um ruhige Worte bemühten Moissiadis entgegen, werde „die ’10‘ eh nur spazieren getragen.“

 

Der Stachel bei Hassanzadeh saß offenbar immer noch tief. Diesen aus dem Trikot mit der Nummer 15 zu ziehen vermochte an diesem Tage kein Vitesser mehr. Nicht einmal ein Marijo Vrgoc.

 

„Immerhin haben wir dieses Mal deutlich niedriger verloren.“

(Vitesse-Spieler Zimmermann [Anm. d. Red.: Na dann ist ja alles bestens])

 

Die Saison ist erst 3 Spieltage alt – und schon wird bei Vitesse alles von Grund auf in Frage gestellt. Alles, wirklich alles ist schlecht. Hassanzadehs Rundumkritik am System „Vitesse“ stellt so zweifelsfrei einen Indikator für das vorhandene Potential einer ausbrechenden Krise dar.

 

Wann kommt endlich der erste Sieg, der erfahrungsgemäß wieder alles aktuell noch so schlechte und zu recht kritisierte schlagartig vergessen lässt, alles rabenschwarze wieder im sonnigen Licht erscheinen lässt? Und wann verdammt nochmal bekommt Hassanzadeh endlich wieder seine geliebte  ’10‘ und gibt Ruhe?

 

SV Vitesse Mayence II – SV 1912 Bretzenheim II 3:6 (0:3)

Vitesse: Vos – Heberling (46. Poredda), Fellenberger, Wolf (C), Lenz (46. Kuhn) – Sowada (65. Willberger), Hassanzadeh – Zimmermann (82. Sowada), Billet – Willberger (46. I. Vrgoc), Kapa.

 

Tore: 1:3 I. Vrgoc (50., FE/Zimmermann), 2:5 Fellenberger (65.), 3:5 Willberger (75.)

 

Gelbe Karte: Billet

 

Bester Spiele: Kapa (2), I. Vrgoc