Tolerant und mit einem Herzen für Pfadfinder.

Vitesse schlägt Liganeuling livingroom trotzdem 3:1.

 

awo. – Vitesse Mayence ist ein überaus toleranter Verein. Bei den Mainzern treiben seit jeher sportbegeisterte Menschen jeglicher Herkunft oder Glaubensrichtung zusammen Sport. Respekt und Toleranz sind zwei wichtige Pfeiler im Selbstverständnis des Vereins.

 

Und doch: Vor dem Spiel gegen den FC livingroom Mainz (das wird tatsächlich so geschrieben) drang der vitesse‘sche Toleranzpegel in neue, bisher nicht erreichte Dimensionen vor: Ein Großteil der Gästemannschaft wäre zur üblichen Anstoßzeit (Sonntag, 13 Uhr) nicht einsatzbereit gewesen – weil zeitgleich ein rheinhessisches Pfadfindertreffen stattfand. Keine Pointe.

 

Abteilungsleiter Graßhoff stimmte daher einige Wochen zuvor auf der Rundenbesprechung dem Wunsch der Gäste zu, das Spiel auf 11 Uhr morgens in alle Herrgottsfrühe zu verlegen. „Schließlich sind wir ein toleranter Verein, der selbst für die abartigsten Hobbies und Interessen Verständnis zeigt“, begründete der Abteilungsleiter das Entgegenkommen von Vitesse.

 

Aufstellung: Fellenberger mit Debüt, "Darinho" Hassanzadeh mit Comeback.

Aufstellung: Fellenberger mit Debüt, „Darinho“ Hassanzadeh (unten links) mit Comeback.

 

Allen Vitesse-Spielern, die das Schicksal des frühen Spielbeginns mit der Verkündung des jüngsten Gerichts (der Mannschaftsaufstellung durch Schatzmeister Krein via Facebook) ereilen sollte, überbrachte Graßhoff die „frohe“ Botschaft gewohnt subtil: „Kriegt eure faulen Ärsche ausnahmsweise mal früher aus dem Bett.“

 

Graßhoff selbst nutzte seinen freien Sonntagmorgen vermutlich dafür, um in der obligatorischen Sonntagsmesse auch die 2. Mannschaft in seine post-osterlichen Gebete einzuschließen – wie es sich für einen pflichtbewussten Christen und langjährigen Abteilungsleiter gehört.

 

Online-Petition gegen frühe Anstoßzeit

Wie erwartet erntete Graßhoff für seine tolerante Vereinspolitik intern nicht nur ein geschlossenes „Hallelujah“. Bei einigen Spielern, deren Lebensstil nur bedingt mit christlichen Werten in Einklang steht und die daher zu Recht um ihren allsonntäglichen Schönheits-Ausschlaf fürchteten, regte sich entsprechend Widerstand:

 

(Bar)Keeper Knoll bezeichnete die frühe Anstoßzeit objektiv korrekt als „Frechheit“. Der unpässliche Zimmermann forderte im Namen seiner betroffenen Mannschaftskameraden gar eine Online-Petition (seit „Markus Lanz“ schwer in Mode).

 

Wenigstens nach dem Spiel alles im Griff: Vitesse (Bar)Keeper Benjamin Knoll.

Wenigstens nach dem Spiel alles im Griff: Vitesse (Bar)Keeper Benjamin Knoll.

 

 

Beste Saisonleistung, Fellenberger trifft beim Debüt

Im Gegensatz zum Hinrundenspiel – das ebenso zur höchst unchristlichen Zeit um 11 Uhr angepfiffen wurde [und vor allem deswegen nicht wirklich schön anzuschauen war] hatte Vitesse mit dem ungewohnten Frühsport deutlich weniger Mühe als gedacht.

 

Das Kombinations- und Aufbauspiel von Vitesse sah, vor allem vor der Pause, richtig gut aus. Die wohl beste erste Halbzeit der Saison verleitete Coach Klaes während der Pausenansprache – trotz der üblichen Warnungen und eindringlichen Appelle an seine Pappenheimer, nicht überheblich zu werden – zur Aussage, „stolz“ auf sein Team zu sein. Ja, aus nächster Nähe war sogar die ein oder andere Träne der Rührung an Klaes‘ Wange auszumachen.

 

Mannschaftsabend zum Glück zwei Abende zuvor

Hätte der von Vrgoc initierte Mannschaftsabend nicht am Freitag, sondern erst am Samstag vor dem Spiel – oder wie vom Kroaten zunächst geplant, am Karfreitag(!) – stattgefunden, das ganze Vitesse-Spiel hätte wohl anders ausgesehen… Das Spiel fand aber nicht im Konjunktiv statt. Und so sah auch Gott, dass es gut war.

 

Apropos „nicht stattfinden“: Torwart Knoll (wieder mal nicht „zu null“) überkamen so seine Zweifel, dass das eingangs erwähnte Pfadfindertreffen der tatsächliche Grund für die Spielverlegung war: „Ich glaube ja, der Gegner hat wie in der Hinrunde auf die frühe Anstoßzeit spekuliert“, verschwörungstheorisierte der Vitesse-Keeper vom Siegesbier berauscht – und sichtlich dankbar, dass der Mannschaftsabend nicht am Tag zuvor stattfand.

 

SV Vitesse Mayence II – FC livingroom Mainz II 3:1 (1:0)

Vitesse: Knoll – Fluhr (75. Lenz), Wolf, Krein, Lenz (55. Kuhn) – Fellenberger, Vrgoc  – Willberger, Arnold – Ajiginni (46. Hassanzadeh), Truch (80. Ajiginni)

 

Tore: 1:0 Truch (10., Willberger), 2:0 Willberger (51./Vrgoc), 3:0 Fellenberger (70. Hassanzadeh), 3:1 Parsaei (82.)

 

Gelbe Karten: Willberger (4/Meckern, natürlich), Hassanzadeh (2)

 

Spieler des Wochenendes (Mannschaftsabend): Mujkic

 

Besondere Vorkommnis: Vrgoc mit erstem Spiel für die 1b ohne gelbe Karte (wegen Meckern)