Graßhoff first
 
Die Spielvorbereitung? Kein Alkohol, kein Sex, kohlehydrathaltige Nahrung. Zu vernachlässigen. Das Aufwärmen? Anschwitzen, dehnen, Gefühl für den Ball bekommen, mal aufs Tor wummern. Überschätzt. 90 Minuten Spiel? Kämpfen, rennen, ackern, zaubern, tricksen, schießen, passen, Zweikämpfe führen. Mag sein. Der wichtigste Teil des Spieltags für Alexander Graßhoff beginnt in dem Moment, in dem die Aufstellung von Vitesse Mayence bei Fupa eingetragen wurde. Und das Geschäft wird immer rauer…
 
Wenn es gut läuft, kann Graßhoff sich noch auf dem Sportplatz im mobilen Datennetz mit seinem Handy das erste Mal wählen. Hier wird sogleich die noch vorhandene Restgruppe ausdünstender, biertrinkender Mitspieler bearbeitet. Die Kunst ist dabei, sehr sublim zu unterstreichen, dass man ein Mega-Spiel abgeliefert hat, ohne arrogant oder sogar hybrid zu klingen. Graßhoff hat dieses Spiel mit den Jahren perfektioniert, er streut – fast beiläufig – Sätze ins Gespräch mit den Mitspielern ein, wie: „Also der Neuner ist eigentlich ein bärenstarker Spieler. Aber der hat ja heute gegen mich keinen Stich gemacht“. Oder: „Ich finde ich habe schlichtweg überragend gespielt.“ Mit etwas Glück fällt bereits da die eine oder andere Stimme der Kollegen ab.
Wobei die nicht zwingend erforderlich sind. Denn als nächstes wird die Theke im Leiter’chen angesteuert. Das Wlan-Passwort ist seit es Internet gibt dort das gleiche. Neues Netz, neuer Stimmberechtigter: eine Stimme für Graßhoff. Während Hennes in der Zapfphase zwischen seinem elften und zwölften Bier auf die Toilette geht, wird sich mit seinem Handy bei Fupa eingeloggt: Stimme. Der ältere Mann mit Brille ist an der Theke eingeschlafen, sein Handy liegt vor ihm: Stimme. Mit solider Ausbeute und bereits deutlichem Vorsprung zieht Graßhoff in die Neustadt, im Schröders warten viele Freunde und Trinkgenossen mit ihren Handys. Und klar, dass es im Schröders Wlan gibt…
 
Korrupt wie die FIFA
Wem dort Fupa noch immer nichts sagt, dem erklärt Graßhoff die Wahlfunktion gerne bei einem Kaltgetränk auf sich. Wahlen im Fußball gewinnt man nur durch Bestechung. Was die FIFA kann, kann Graßhoff schon lange.
 
Nach einem wirklich nur kurzen Zwischenstopp im Haddocks (neues Wlan) und der Abgabe der Trikots bei der Waschfrau („Frau Zorn, ich habe super gespielt, vergessen Sie nicht: Fupa!“), kommt Graßhoff nach einer langen Ochsenwahltour endlich zu Hause an. Neues Wlan: Stimme.
Früher war Graßhoff schon jetzt uneinholbar in Front. Höchstens Trojan konnte ihm in Sachen Selbstwahl immerhin annähernd das Wasser reichen. Mittlerweile hat sich aber eine stabile Gegenfront aus Syrien gebildet. Torhüter Hasso bekommt sogar dann zahlreiche Stimmen, wenn er fünf Buden kassiert hat. Dass das ganze Spiel mit der Wählerei nach zwölf Stunden wieder vor vorne losgehen kann (Montag Arbeit: neues Wlan), müssen die Syrer auch gecheckt haben. So schaffte es Graßhoff im Auswärtsspiel gegen 1817 trotz aller Bemühungen nur auf den 2. Platz. Für die Nominierung in die Elf des Tages hat es aber gereicht. Das ist alles, was zählt.
 
Vitesse gewann im Übrigen 4:1 gegen 1817. Graßhoff spielte schlichtweg überragend. Spielvorbereitung? Fünf oder sechs Weinschorlen, an Sex erinnert er sich nicht, aber um 3 Uhr gab’s noch nen Döner. Das Aufwärmen? War wie immer, Beinchen hoch, anfersen, Knie hoch usw. 90 Minuten Spiel? Graßhoff spielte durch, kämpfte, rannte, ackerte, zauberte und trickste. Die Nominierung in die Elf des Tages ist mehr als verdient.